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Clubhouse – nur ein kurzer Hype?

Eine Einschätzung
Ann-Kathrin Schmied, Social Media Manager

Samstagabend vor 2 Jahren. Ein paar Stunden vor dem Spiegel und dem Kleiderschrank verbracht, um ja das passende Outfit für die bevorstehende Partynacht zu tragen. Eine Stunde in der Schlange vorm Club stehen und dann heißt es: „Nein, du kommst hier nicht rein.“ Staunen, Entsetzen, Scham.
Nach einem Jahr Pandemie liegen die Discobesuche gefühlt eine Ewigkeit zurück und so mancher ist entspannt, dass die Samstagabende deutlich ruhiger ablaufen, wenn auch etwas eintöniger.
Da dachten sich wohl die beiden Clubhouse-Gründer Paul Davison und Rohan Seth dieser Langeweile ein Ende setzen zu müssen

Zugegeben, dies war nicht ihre Intention. Doch das Prinzip der App gleicht einen Club – wie der Name schon sagt – in den nicht jeder, sondern nur diejenigen mit Einladung reindürfen. Damit wird der App ein elitäres Image verliehen, was natürlich Neugier schürt und die Beliebtheit steigert. Wer nicht dabei ist, ist uncool.

Aus den LinkedIn-Profilen der beiden Gründer ist zu entnehmen, dass die Alpha Exploration Company, das Clubhouse-Betreiber-Unternehmen, Anfang des Jahres 2020 gegründet wurde. In den USA hat Clubhouse in der US-Tech und Startup-Szene schnell an Bekanntheit gewonnen. Es folgten Artikel in renommierten Tech-Magazinen, die Clubhouse in den höchsten Tönen lobten.

Doch was genau kann Clubhouse eigentlich?

Wie die Gründer es selbst formulieren, handelt es sich bei Clubhouse um eine „Drop in Audio“ App. Sie ist eine Mischung aus virtueller Konferenz und interaktivem Podcast. Die Nutzer können Räume anlegen, in denen sie in Echtzeit mit mehreren Menschen gleichzeitig auf Audiobasis diskutieren können. Die Moderatoren eines Raumes können das Thema festlegen sowie die „Speaker“ definieren. Gleichzeitig kann eine Vielzahl von Menschen der Diskussion zuhören (manche Räume verzeichnen vierstellige Besucherzahlen). Alle Raumbesucher können per virtuellem Handheben gegenüber den Moderatoren signalisieren, dass sie gerne an der Diskussion teilnehmen möchten. 

Aufgrund der Tatsache, dass die Diskussionen und Vorträge nicht von langer Hand geplant und einstudiert sind, wie bei herkömmlichen Paneldiskussionen, erhebt die App keinen großen Anspruch an qualitativ hochwertigen In- und Output. Das muss sie aber auch nicht. Denn es geht primär um die virtuelle Diskussion, und zwar nicht im Text- sondern im Audioformat. Das macht es deutlich spannender und interaktiver als andere soziale Netzwerke es bisher anbieten können. Die App wurde in den USA noch beliebter, nachdem prominente Persönlichkeiten ebenfalls zu Diskussionen einluden oder Räume eröffneten.

In den USA wird Clubhouse mittlerweile auf 4 Milliarden US-Dollar Marktwert gehandelt. Die Verhandlungen mit Twitter wurden allerdings vor Kurzem abgebrochen.

Clubhouse auf einen Blick

  • Audioapp
  • Anfang 2020 gegründet
  • Nutzung nur mit Einladung
  • Virtuelle Räume zur interaktiven Diskussion
  • 100 Mio. US-Dollar Marktwert
  • Möglichkeit mit Influencern und Experten in Kontakt zutreten

Wie sieht der Hype um Clubhouse in Deutschland aus?

Anfang Januar 2021 hatte die App in Deutschland kaum Mitglieder. Hinzu kam, dass lange Zeit auch nur iOS-User die App verwenden konnten. Doch ab dem Zeitpunkt, wo namenhafte und bekannte Influencer*innen die App für sich entdeckten und über ihre sozialen Medien propagierten, wuchs der Hype auch in Deutschland rasant an. Einladungen zur App wurden teilweise mit über 250€ auf Ebay gehandelt.

Unternehmen, Marketingagenturen und Influencer*innen nutzten seitdem die App, um entweder Werbung zu schalten oder auf sich aufmerksam zu machen.
Ob die Diskussionen und Vorträge, die dort stattfinden nachhaltigen Einfluss auf Abschlüsse, Follower oder Beliebtheit hatten ist fraglich.


Clubhouse entspricht im engsten Sinne demselben Prinzip wie das Instagram Live-Video. Die Faszination ist doch, dass die Nutzer*innen ihren Idolen live und nahbar begegnen können, wenn auch virtuell. Sie können Fragen stellen, sich beteiligen und all das, ohne den Deckmantel der virtuellen Anonymität vollständig ablegen zu müssen. All diese Möglichkeiten haben die Clubhouse-Gründer in dieser App zusammengefasst, die sich im Look & Feel nicht großartig von anderen Social Networks unterscheidet. Nur dass Instagram & Co ihren Fokus nicht ausschließlich auf eine Funktion legen. 

Gleichwertige Alternativen werden kommen

Und genau das, so prognostizieren wir, wird auch Clubhouse nach dem Höhenflug den großen Fall bescheren. Die Historie zeigt, dass Nutzer von sozialen Netzwerken bequem sind. Sie wollen keine große Masse an Apps nutzen, die alle unterschiedliche Bedürfnisse bedienen, sondern alle Funktionen bestenfalls in einer App vereint wissen. Wie wir Facebook kennen wird sicherlich bereits an Features gearbeitet, die dem Prinzip von Clubhouse nahekommen. Erinnern wir uns an TikTok, ein ausschließlich auf Videocontent basierendes Entertainment-Tool, das kurze Zeit später als Reels-Format für Instagram adaptiert wurde. 

Clubhouse und das gläserne Kontaktbuch

Weitergehend ist fraglich, inwieweit Clubhouse auf persönliche Daten der User zugreift. In Deutschland haben wir mit der DSGVO strenge Richtlinien, die für die Nutzer einer in den USA gehosteten App nicht gelten. Clubhouse kann somit auf alle Kontakte zugreifen. Ein Manko, dem leider noch nicht ausreichend Beachtung geschenkt wird.

Schon jetzt, nach knapp 2 Monaten Clubhouse, ist eine verminderte Aktivität deutlich spürbar. Unsere Prognose: Clubhouse, eine Trend-App ohne nachhaltigen Mehrwert über die im kommenden Jahr in Deutschland kaum noch jemand sprechen wird. Bestenfalls stehen wir dann auch wieder ohne Maske in der Schlange, um in den realen Club reinzukommen. Da gibt es wenigstens gute Musik – naja meistens.

Photo by William Krause on Unsplash