Alle Jahre wieder. Ob Cannes Lions oder ADC Nägel, die Award-Saison hallt auf ein Neues durch die Werbewelt und die üblichen Verdächtigen rangeln sich um die heißbegehrten Kreativpreise. Denn auch im neuen Kalenderjahr sollen die Pfauenfedern bestmöglich zur Schau gestellt werden.
Okay, das hört sich jetzt etwas dramatisch an, aber wer schon länger dabei ist weiß über die umstrittene Award-Szene mit Glanz und Gloria Bescheid. Denn wenn man sich die kürzlich gekrönten Cannes Lions anschaut, ist zu bemerken, dass auch in diesem Jahr die Treppchen vor Goldideen nur so strotzten.
Auf der Jagd nach der Goldidee
Ach ja, die Goldideen… das Brot und Butter der Award-Jäger Deutschlands.
Für jeden, der gerade noch an Wertmetallhandel denkt, hier einmal etwas Werbe-Kontext: Goldideen sind Kampagnen oder Konzepte, die es so noch nicht gab und mehr als nur progressiv und unkonventionell sind. Sie sollen auffallen und Lärm machen. Oft haben sie weniger mit der Vorstellung des Kunden zu tun und mehr mit der Höher-Schneller-Weiter-Mentalität der Agenturen. Die Marke ist in diesem Fall nicht nur der Kunde, sondern hauptsächlich Namensgeber und Fahrzeug aufs Podium.
Bei Goldideen braucht man mehr als das übliche Key Visual. Man braucht Kommunikation mit dem gewissen je-ne-sais-quoi. Alles von technologischer Innovation bis smarte TVC’s die zum Schmunzeln anregen.
Da gäbe es aber noch ein Problem: Wo tauchen diese außergewöhnlichen Kampagnen überhaupt auf? Nun ja, Kunden sind oft interessierter an KPIs (Key Performance Indicators) und ROIs (Return on Investments), statt Impact und Kreativität. Dementsprechend kann es schwierig sein Goldideen und den Kunden unter einen Hut zu bringen. Leider werden am Ende des Tages die beeindrucktesten Ideen so gut wie nie vom Kunden gekauft.
Ergo: Es entstehen sagenhafte Award-Kampagnen, die ganz selten das Tageslicht erblicken.
In diesem Jahr gewann Xbox’s Beyond Generation den Grand Prix in Brand Experience und Activation. Ein rührender und sehr gut umgesetzter Werbespot mit Tiefgang., berichtet von einem Teenager, der während des Lockdowns mit seinem Großvater Videospiele spielte und so in Kontakt blieb. Es war eine smarte und ansprechende Umsetzung die harten Zeiten der älteren Generation während der Pandemie zu beleuchten und den sozialen Aspekt von Videospielen zu kommunizieren. Aber wenn man einmal wirklich darüber nachgedacht hat, wurde kein wirkliches Produkt oder Marke beworben. Es ging um die allgemeine Aufmerksamkeit und die Vorteile, die eine online Community mit sich trägt. Der Spot hätte auch genauso gut von Playstation oder jedem beliebigen Spielehersteller kommen können. Und auch wenn die Message hervorragend verpackt wurde, flog die Kampagne weit unter dem Radar des Otto Normalverbrauchers.
Gute Ideen verdienen es honoriert zu werden
An dieser Stelle ist es dennoch wichtig zu erwähnen das Awards und Rankings ihren Platz und Zweck haben. Gute Arbeit hat selbstverständlich Anerkennung verdient!
Denn letztendlich ist es das Ziel jeder Marke (und somit auch der Agentur) Geld zu verdienen. Ob das heißt mehr Produkte zu verkaufen, den Marktanteil zu steigern oder das Brand Image zu bessern. Das bedeutet auch, dass es nicht leicht ist eine preisgekrönte Kommunikation zu kreieren. Genau deshalb haben Awards ihre Daseinsberechtigung. Doch sollten wir dabei nicht vergessen, was gute Werbung überhaupt bedeutet. Gute Werbung ist authentisch, sie passt zur Marke und ist klar kommuniziert. Sicher, sie darf auch gerne gewagter sein und mit gewissen Stereotypen und Vorurteilen spielen. Doch am Ende des Tages geht es um die passende Kommunikation zwischen Kunde und Konsumenten, um die Marke nach vorne zu bringen.
Und wenn wir mal ehrlich sind, was kümmert uns das Urteil irgendwelcher Werbehasen in Südfrankreich, die entscheiden wer dieses Jahr einen Metallbrocken zugeschickt bekommt, wenn wir uns sicher sein können, die optimale Kampagne für unseren Kunden kreiert zu haben?